Ein Wachhund schlägt Alarm

Wojciech Wiewiórowski, der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB), kritisiert seit Jahren die Abhängigkeit der Kommission von Microsoft. In seiner zweiten Amtszeit bringt er eine Sorge zum Ausdruck, die viele EU-Beamte teilen: Die Abhängigkeit von einem einzigen ausländischen Anbieter gefährdet sowohl den Datenschutz als auch Europas Fähigkeit, seine eigene digitale Zukunft zu gestalten.

Während die Kommission offiziell behauptet, dass es für Microsoft 365 keine brauchbaren Alternativen gebe, deuten interne Dokumente auf ein wachsendes Interesse an nationalen Initiativen hin, die auf die Entwicklung unabhängiger digitaler Tools abzielen.

Im Mittelpunkt dieses Wandels steht eine klare Botschaft: Europa braucht Open-Source-Lösungen, um die digitale Kontrolle zurückzugewinnen. Dafür ist jedoch politisches Engagement – ​​und nicht nur technische Kompetenz – unerlässlich.

Die Open-Source-Alternative: bereit, aber wartend

Das Referatfür digitale Dienste der Kommission (GD DIGIT) prüft in Zusammenarbeit mit wichtigen Partnern bereits Alternativen:

  • OpenDesk – Eine von Deutschland geleitete Initiative von ZenDis, die eine Suite von Tools für die Zusammenarbeit im Microsoft 365-Stil anbietet.
  • La Suite – Diese vom französischen DINUM entwickelte modulare Plattform verbindet verschiedene digitale Tools über einen einheitlichen Login.

Gemeinsam ebnen diese Bemühungen den Weg für ein Europäisches Konsortium für digitale Infrastrukturen (EDIC), das den rechtlichen und logistischen Rahmen für die beschleunigte Einführung souveräner IT-Systeme bieten könnte. Weitere Mitgliedstaaten – darunter die Niederlande, Belgien, Griechenland und Dänemark – sind ebenfalls mit von der Partie und haben im September an einem von der GD DIGIT veranstalteten „Projectathon“ teilgenommen.

Gemeinsam stark

Die Generaldirektion Digitalisierung (DG DIGIT) betont die Bedeutung gemeinsamer Entwicklung: Durch die Zusammenarbeit können die EU-Länder robuste und sichere Alternativen zu Big Tech aufbauen. Wie DINUM es formulierte:

„Je mehr wir zusammenarbeiten, desto mehr stärken wir die digitale Widerstandsfähigkeit und Souveränität Europas.“

Derzeit agiert die Kommission vorsichtig und beschränkt ihre Maßnahmen auf interne Überprüfungen von Tools wie OpenDesk. Dieser vorsichtige Ansatz hat in der Open-Source-Community für Frustration gesorgt. Sebastian Raible von der European Open Source Business Association (APELL) forderte die Kommission auf, „mehr Mut und Begeisterung“ für souveräne Technologie zu zeigen.

Von China und München lernen

Globale Beispiele zeigen, was möglich ist – und was schiefgehen kann:

  • China : Im Jahr 2022 startete die Regierung einen Plan, um bis 2027 sämtliche ausländische Software in staatlichen Unternehmen zu ersetzen. Gestützt auf politischen Willen und Investitionen bewegt sich das Land rasch in Richtung Open-Source-Unabhängigkeit.
  • München : Die deutsche Stadt setzte zwischen 2006 und 2013 auf Open-Source-Software, wechselte 2017 jedoch aufgrund hoher Kosten und technischer Rückschläge wieder zu Windows. Dennoch arbeitet München nun mit ZenDis an Open-Source-Projekten – ein Beleg dafür, dass die Geschichte noch nicht zu Ende ist.

Lektion gelernt? Sich von den Tech-Giganten zu lösen, ist nicht einfach, aber möglich – mit kluger Planung und den richtigen Allianzen.

Die wichtigsten Herausforderungen für die Kommission

Die Umstellung auf Open Source ist mehr als nur eine technische Verbesserung – sie ist eine strategische Entscheidung. Folgendes benötigt die Kommission für den Erfolg:

  • Politische Führung : Die digitale Zukunft Europas hängt von Führungspersönlichkeiten wie Henna Virkkunen ab, der neuen EU-Technologiechefin, die bereits ihre Unterstützung für Open-Source-Tools signalisiert hat.
  • Paneuropäische Partnerschaften : Initiativen wie EDIC und nationale Projekte könnten als Bausteine ​​für gemeinsame europäische Systeme dienen.
  • Kostenmanagement: Wie die Erfahrungen aus München gezeigt haben, kann die Umstellung auf Open Source zunächst kostspielig sein – auf lange Sicht kann sie sich jedoch durch mehr Unabhängigkeit und Flexibilität auszahlen.

Die Europäische Kommission verfügt über die nötigen Instrumente, Partner und das öffentliche Interesse, um diesen Wandel einzuleiten. Bei Open Source geht es nicht nur um Software – es geht um Zusammenarbeit, Transparenz und Eigenverantwortung . Genau für diese Werte steht Europa.

Ein Stadtbeamter aus München drückte es einfach aus:

„Je mehr Mitwirkende wir haben, desto besser ist die Software.“

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