Trotz zahlreicher Initiativen und Milliardeninvestitionen verfügen lediglich 55,6 Prozent der Erwachsenen in der EU über grundlegende digitale Kompetenzen. Laut dem Ziel der Strategie für die Digitale Dekade soll dieser Anteil bis 2030 auf 80 Prozent steigen.

Wie lässt sich dies erreichen? Ein aktueller Bericht der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) sucht nach einer Antwort. Er schlägt vor , die Ausbildung digitaler Kompetenzen für junge Menschen zugänglicher und ansprechender zu gestalten.

Digitale Kompetenzlücke in der EU

Heutzutage braucht man grundlegende digitale Kompetenzen, um in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt zurechtzukommen. Doch viele Menschen in der EU tun sich immer noch schwer damit, Dokumente online zu bearbeiten, sich mit Cybersicherheit auszukennen und Online-Kurse zu belegen. Während die meisten Erwachsenen per E-Mail oder über soziale Medien kommunizieren können, fällt es vielen schwer, digitale Inhalte zu erstellen und technische Probleme zu lösen.

Menschen mit niedrigerem Bildungsniveau laufen besonders Gefahr, in der digitalen Welt den Anschluss zu verlieren. In dieser Gruppe gibt es die meisten Erwachsenen ohne grundlegende digitale Kenntnisse. Bildung ist jedoch nicht der einzige Faktor. Auch die Art der Arbeit spielt eine Rolle – Menschen mit körperlicher Arbeit sind technisch schlechter aufgestellt als Arbeitslose oder Nichterwerbstätige.

Auch aufgrund sozioökonomischer Faktoren und des schlechteren Zugangs zur digitalen Infrastruktur außerhalb der Großstädte gibt es Unterschiede zwischen der Bevölkerung in Städten und ländlichen Gebieten. Diese Ungleichheiten verschärfen sich noch, wenn sie sich überschneiden. Obwohl junge Menschen in der Regel besser mit Technologie umgehen können, verfügen beispielsweise 32 % der 16- bis 24-Jährigen nur über unzureichende digitale Kompetenzen. Bei jungen Menschen mit niedrigem Bildungsniveau liegt dieser Wert mit 43 % sogar noch höher.

Welche Fähigkeiten Erwachsene in der EU noch erlernen müssen

Die politische Agenda der Digitalen Dekade fordert, dass in den kommenden Jahren mindestens acht von zehn Erwachsenen in der EU über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen. Der jüngste Bericht „Stand der Digitalen Dekade“ aus dem Jahr 2024 zeigt jedoch, dass ohne zusätzliche Maßnahmen bis 2030 nur etwa 60 % der Bürger dieses Niveau erreichen werden.

JRC-Experten fordern, sich auf die Verbesserung spezifischer Fähigkeiten zu konzentrieren. Die Erstellung digitaler Inhalte wie Dokumente, Grafiken und Präsentationen muss verbessert werden. Sie müssen außerdem mehr über Cybersicherheit und die Behebung technischer Probleme lernen. Diese Fähigkeiten unterscheiden Menschen mit grundlegenden digitalen Kompetenzen von Menschen ohne diese.

Wir müssen jungen Menschen, die noch nicht viel Bildung haben, schon früh digitale Kompetenzen vermitteln, angefangen in der Grundschule und Berufsschule. Aber es ist wichtig, ihnen diese Fähigkeiten auch nach dem Schulabschluss weiter zu vermitteln. Wir sollten informelle Ausbildungsprogramme und betriebliche Weiterbildung anbieten, damit sie aufholen und die benötigten Fähigkeiten erlernen können.

Wir dürfen auch ältere Menschen und Menschen, die das Internet selten nutzen, nicht vergessen. Rund 8 % der Erwachsenen in der EU nutzen digitale Technologien kaum, was es ihnen leicht macht, von der digitalen Welt ausgeschlossen zu werden. Die EU sollte daher auch spezielle Programme für ältere Menschen und andere Menschen entwickeln, die Schwierigkeiten beim Zugang zu digitalen Tools haben.

Investitionen und Zusammenarbeit erforderlich

Die Entwicklung digitaler Kompetenzen ist eine Säule der digitalen Transformation der EU. Die EU hat zu diesem Zweck zwischen 2021 und 2027 26,3 Milliarden Euro bereitgestellt. Zwar ist die Finanzierung von entscheidender Bedeutung, der Schlüssel zum Erfolg liegt jedoch in der Umsetzung von Strategien und Maßnahmen, die auf die spezifischen Bedürfnisse verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, insbesondere junger Menschen, zugeschnitten sind.

Die JRC-Analyse basiert auf Eurostat-Daten aus dem Jahr 2023 zu fünf Schlüsselbereichen der digitalen Kompetenz (Informationsabruf, Kommunikation, Inhaltserstellung, Sicherheit und Problemlösung) und soll politischen Entscheidungsträgern, Pädagogen und NGOs dabei helfen, wirksame und ansprechende Bildungs- und Ausbildungsprogramme für junge Menschen zu entwickeln.

Um die Fortschritte bei der Verwirklichung des Ziels für 2030 zu beschleunigen, hat die Europäische Kommission die Initiative „Skills Union“ vorgeschlagen. Sie soll Investitionen in die Entwicklung digitaler Kompetenzen für Erwachsene unterstützen, lebenslanges Lernen fördern, vielfältige Bildungsformen anerkennen und die Mobilität von Arbeitnehmern zwischen den Mitgliedstaaten durch gemeinsame Qualifikationsstandards erleichtern.

Europa hat Zeit, die digitale Kluft zu überbrücken. Der Erfolg hängt jedoch davon ab, Lösungen zu entwickeln, die den Bedürfnissen derjenigen gerecht werden, die derzeit von der digitalen Welt ausgeschlossen sind, insbesondere der jungen Menschen.

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