Kultur ist wichtig – heute mehr denn je
Kultur ist nicht nur Hintergrund des europäischen Lebens – sie ist sein Herzstück. Laut der jüngsten Eurobarometer-Umfrage ist die große Mehrheit der EU-Bürger der Ansicht, dass kultureller Austausch und Kreativität zentrale Elemente des Handelns der EU sein sollten. 87 % stimmen sogar zu, dass Kultur den Menschen hilft, sich mit Europa zu identifizieren und sich als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen.
Fast ebenso viele – 86 % – glauben, dass das kulturelle Erbe nicht nur der Vergangenheit angehört, sondern ein wesentlicher Teil unserer Gegenwart und Zukunft ist.
Dabei geht es um mehr als nur die Wertschätzung von Museen oder Musikfestivals. Es ist ein starkes Statement: Die Europäer betrachten Kultur als Quelle der Zugehörigkeit, als Brücke zwischen Generationen und Regionen und als Motor des sozialen und wirtschaftlichen Wohlstands.

F5. Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zur Freiheit des künstlerischen Ausdrucks zu oder nicht?
Künstlerische Freiheit ist ein Grundpfeiler jeder Demokratie. Und die europäischen Bürger verstehen das – 88 % geben an, dass sie ihnen wichtig ist. Sie sind überzeugt, dass Künstler ihre Gedanken und Gefühle frei ausdrücken können sollten, ohne Angst vor Zensur oder Repression.
Die Realität ist jedoch komplexer. Nur 77 % sind davon überzeugt, dass Künstler in ihrem Land diese Freiheit tatsächlich genießen. Diese Diskrepanz zeigt, dass in einigen Mitgliedstaaten die Kulturszene noch immer von Einschränkungen oder politischem Druck beeinflusst wird.
Dies sollte bei den EU-Staats- und Regierungschefs die Alarmglocken läuten lassen. Wenn uns demokratische Ideale wirklich am Herzen liegen, müssen wir über die symbolische Unterstützung der künstlerischen Freiheit hinausgehen und sicherstellen, dass sie überall in der Union umfassend geschützt wird.
Eine faire, integrative Kulturpolitik muss sicherstellen, dass sich alle Künstler – unabhängig von ihrem Wohnort – sicher, unterstützt und frei in ihrer künstlerischen Arbeit fühlen.

F3. Bitte sagen Sie mir, ob Sie in den letzten 12 Monaten entweder alleine oder im Rahmen einer organisierten Gruppe oder eines Kurses … (MEHRFACHNENNUNGEN MÖGLICH)
Aus der Umfrage ging ein überraschender und spannender Trend hervor: 49 % der Europäer haben im vergangenen Jahr aktiv an künstlerischen Aktivitäten teilgenommen – ein deutlicher Anstieg gegenüber 37 % im Jahr 2013.
Das bedeutet, dass Kultur zunehmend von Menschen für Menschen geschaffen wird – und nicht nur in Opernhäusern oder Museen. Von Gemeinschaftsgemälden über lokale Musikfestivals bis hin zum digitalen Geschichtenerzählen nutzen junge Menschen und Bürger in ganz Europa Kunst, um Identität, Emotionen und Werte auszudrücken.
Dies ist ein starkes Argument für die Demokratisierung des Zugangs zur Kunst. Die Befragten sind sich einig: Kunst sollte für alle zugänglicher sein, nicht nur für einige wenige Privilegierte.

F7. Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zur künstlichen Intelligenz (KI) und ihrer Rolle in Kunst und Kultur zu oder nicht?
Der Aufstieg der generativen KI erschüttert die Welt der Kunst – und das nicht ohne Besorgnis. 73 % der Europäer befürchten, dass KI Arbeitsplätze und Einkommensmöglichkeiten für menschliche Künstler gefährden könnte.
KI eröffnet zwar Möglichkeiten für Experimente und Innovationen, wirft aber auch ethische, kreative und wirtschaftliche Herausforderungen auf. Wird menschliche Kreativität in den Hintergrund geraten? Kann Originalität in einer Welt algorithmisch generierter Inhalte noch geschützt werden?
Nur 48 % der Befragten geben an, zwischen menschlicher und künstlicher Kunst unterscheiden zu können. Da die Grenze zwischen „real“ und „roboterhaft“ verschwimmt, wächst der Bedarf an Regulierung und Aufklärung der Öffentlichkeit.
Es gibt aber noch ein tieferes Problem: Nur 51 Prozent der Europäer glauben, dass Künstler in ihrem Land fair bezahlt werden. Wenn kreative Arbeit nicht angemessen gewürdigt wird, welche Botschaft sendet das an aufstrebende Talente?
Was die Bürger von der EU erwarten
Die Europäer weisen nicht nur auf Probleme hin – sie fordern Taten. Laut der Umfrage wünschen sich die Bürger eine engere Zusammenarbeit zwischen ihren nationalen Regierungen und der EU in der Kulturpolitik.
Zu den wichtigsten Prioritäten gehören:
- Kultur und Kunst für alle zugänglicher machen
- Schutz des kulturellen Erbes bei Konflikten, Naturkatastrophen und Klimakrisen
- Gewährleistung fairer Bezahlung und menschenwürdiger Arbeitsbedingungen für Menschen im Kultursektor
Die Botschaft ist klar: Die Europäer betrachten Kultur als einen gemeinsamen Raum , der inklusiv, geschützt und gepflegt sein muss.
Ein Kompass für Europas kulturelle Zukunft
Die Ergebnisse dieser Umfrage sind nicht nur Zahlen – sie prägen konkrete Politik. Sie fließen in die kommende Kulturstrategie der EU, den „Kulturkompass für Europa“, ein, der 2025 veröffentlicht werden soll.
Bis zum 13. Mai sammelt die Europäische Kommission öffentliche Beiträge, um die endgültige Fassung mitzugestalten. Junge Menschen und Kreative sind besonders eingeladen, sich zu äußern.
EU-Kommissar Glenn Micallef , zuständig für Generationengerechtigkeit, Jugend, Kultur und Sport, erklärte:
„Kultur ist nicht nur Teil unserer Identität. Sie ist das Fundament für Europas Zukunft.“
Die Bürger haben gesprochen: Sie wollen ein Europa, das die künstlerische Freiheit unterstützt, den Kulturschaffenden eine gerechte Bezahlung sichert und Kultur für alle zugänglich macht.
Die große Frage ist: Werden die politischen Entscheidungsträger zuhören? Die Zukunft der europäischen Kultur hängt von den heute getroffenen Entscheidungen ab. Ob Kultur zu einem Instrument der Einheit und Innovation wird – oder von anderen Prioritäten in den Hintergrund tritt –, liegt in unserer Hand.
Quelle aller im Artikel verwendeten Grafiken: Eurobarometer
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