Was ist der Unterschied zwischen verschiedenen Düngemittelarten? Klassifizieren Sie Ihr Produkt als Düngemittel?
Grundsätzlich gibt es zwei Kategorien für die Einteilung landwirtschaftlicher Hilfsmittel: Düngemittel und Pestizide (auch Pflanzenschutzmittel genannt). Ob chemisch oder biologisch, jedes Produkt muss einer der beiden Hauptkategorien zugeordnet werden. Dies hat Konsequenzen für die Wirkungsversprechen der Produkte: Ein Produkt der Kategorie Düngemittel darf keine direkten Wirkungen aus der Kategorie Pestizide beanspruchen – und umgekehrt.
Auch für Pestizide gelten strenge Vorschriften hinsichtlich Lagerung und Handel. Innerhalb der Kategorie Düngemittel, für die wir unsere Produkte in allen Ländern, in denen wir tätig sind, registriert haben, gibt es – je nach Land – eine ganze Reihe von Unterkategorien: mineralische, organische, Volldünger, Pflanzenstärkungsmittel, Adjuvantien usw.
Darüber hinaus gibt es in einigen Ländern auch die Kategorie der Biostimulanzien. Diese Kategorie existiert gemäß der „neuen“ (2019) EU-Düngemittelverordnung auch auf EU-Ebene. Nach der dort festgelegten Definition würden unsere Produkte wie kaum ein anderes Produkt auf dem Markt in diese Kategorie passen – abgesehen davon, dass Biostimulanzien im eigentlichen Sinne des Wortes stimulierende Effekte auf Pflanzen haben, sowohl hinsichtlich des Pflanzenwachstums und -ertrags als auch hinsichtlich der systemischen Widerstandsfähigkeit von Pflanzen gegen Krankheiten und Pathogene – und damit hinsichtlich ihrer indirekten Effekte tatsächlich irgendwo zwischen den beiden Kategorien Düngemittel und Pestizide liegen.
Aufgrund der starken Lobbyarbeit der großen Player, die den Markt dominieren und somit bestimmen, ist in dieser EU-Verordnung jedoch auch festgelegt, dass Biostimulanzien nur noch Wirkungen im Düngemittelbereich beanspruchen dürfen.
Wir müssen unsere Produkte nach den nationalen Vorschriften der einzelnen Länder zulassen. In der EU gilt grundsätzlich die Regel der gegenseitigen Anerkennung einer Zulassung in einem EU-Land – im Düngemittelbereich ist dies leider nicht in allen Ländern umgesetzt.
Ist Ihr Produkt für degradierte Böden gedacht? Oder kann es auch auf gesunden Böden eingesetzt werden?
Unsere Produkte fördern die Boden- und Pflanzengesundheit sowie das Pflanzenwachstum. Wir möchten deutlich machen, dass diese Produkte sowohl den Boden als auch die darauf wachsenden Pflanzen auf vielfältige Weise stimulieren. Dies geschieht sowohl auf gesundem als auch auf degradiertem Boden. Unsere Produkte können in jeder Art der Landwirtschaft eingesetzt werden, ob konventionell, biologisch oder regenerative.
Natürlich wirken sie je nach Boden bzw. Bodenqualität unterschiedlich stark. Aber sie funktionieren überall. Die erstaunlichsten Effekte zeigen sich jedoch auf den ärmsten Böden: In Afrika verzeichnen wir Ertragssteigerungen bei verschiedenen Nutzpflanzen von 50 bis 400 %! Denn die Böden dort sind durchweg in einem erbärmlichen Zustand.
Können Sie den Prozess der Regeneration degradierter Böden beschreiben und wie lange ein solcher Prozess dauert?
Hier muss man hinsichtlich der Definition degradierter Böden etwas differenzieren.
Erstens geht es um landwirtschaftliche Flächen, die aus unterschiedlichen Gründen und in unterschiedlichem Ausmaß degradiert sind. Dabei handelt es sich in der Regel um Böden, deren Mikrobiom durch den übermäßigen Einsatz von Agrochemikalien zerstört wurde und daher nicht mehr oder nur unzureichend funktioniert.
Daraus ergeben sich die oben genannten Folgen für die Pflanzen. Aber auch die Bodenstruktur verändert sich: Die Böden verhärten sich, trocknen aus, werden undurchlässig, speichern keine Feuchtigkeit mehr, erodieren und die Artenvielfalt nimmt drastisch ab. Natürlich gibt es dafür auch noch andere Ursachen, wie Bodenverdichtung durch Maschineneinsatz, Abholzung und die daraus resultierende Erosion und vieles mehr.
Viele Böden sind auch schlicht durch den übermäßigen Einsatz von Agrochemikalien verunreinigt, was schließlich ins Grundwasser sickert. Durch den Einsatz unserer Produkte kann dies verändert und geheilt werden: Das Mikrobiom wird reaktiviert und beginnt wieder in Symbiose mit dem Boden und den darauf wachsenden Pflanzen zu interagieren. Dies stimuliert nicht nur die Pflanzen, sondern verändert auch den Boden selbst. Er verändert seine Struktur, wird wieder porös, lässt Wasser durch und kann es speichern. CO2 aus der Luft wird aufgenommen und als Humus im Boden gespeichert, auch Nitrate werden im Boden gebunden. Die Artenvielfalt nimmt zu. Organische Schadstoffe (aus Agrochemikalien) werden abgebaut.
Dies geschieht nicht von heute auf morgen, sondern braucht Zeit, abhängig vom Grad der Degradation des jeweiligen Bodens. Die Entwicklung lässt sich jedoch recht schnell verfolgen und ist vor allem an den Pflanzen schnell sichtbar.
Zu degradierten Böden zählen darüber hinaus auch industriell kontaminierte Standorte, die organisch (z. B. mit Mineralölen) oder anorganisch (meist mit sogenannten Schwermetallen) oder sogar beides sind. Sind die Schadstoffe „nur“ organisch, können wir sie mit unserer Bioleaching-Technologie – InnoBioTech ® – in-situ, also vor Ort im „eingebauten“ Zustand, entfernen. Je nach Art und Schwere der Kontamination benötigen die Bakterien hierfür einige Wochen, im schlimmsten Fall 1-2 Jahre oder länger. Sind die Schadstoffe jedoch anorganisch, muss der kontaminierte Boden in der Regel ausgebaggert und an einem sicheren Ort, entweder auf einer Halde oder in einem Tank, mit Bakterien behandelt werden. Denn die Bakterien entfernen die Schwermetalle nicht, sondern lösen sie auf. Und diese würden dann an Ort und Stelle ins Grundwasser gelangen. Auch dies dauert unterschiedlich lange, in den meisten Fällen sind es aber nur Wochen.
Welcher Teil des Prozesses zur Erlangung der „ EU Environmental Technology Verification (ETV)“ war für Sie am herausforderndsten und welchen praktischen Nutzen hat Ihnen diese Auszeichnung gebracht?
Anspruchsvoll ist sicher das falsche Wort. Wir haben uns um diese Zertifizierung beworben; sie wurde damals von EIT RawMaterials, einem Zweig des EIT – European Institute for Innovation and Technology – ausgeschrieben. Und wir hatten das Glück, ausgewählt zu werden. Der nächste Schritt bestand darin, das zuständige Labor bzw. die Zertifizierungsstelle von unserem Verfahren zu überzeugen… aber das ging dann recht unkompliziert und schnell.
Der ETV-Award wurde nicht oft verliehen. In unserer Kategorie waren wir eines von vielleicht nur 15 Unternehmen in der EU, die dieses Zertifikat erhalten haben – und darüber freuen wir uns sehr und sind dankbar. Dieses Zertifikat ist wie ein Qualitätssiegel für unsere Technologie und die darauf basierenden Produkte. Es macht uns einzigartig und schafft Vertrauen bei Kunden und Partnern. Und es hat uns schon oft geholfen, die eine oder andere Hürde zu nehmen, sei es bei Zulassungen, Registrierungen oder Projektanträgen.