Vertreter der Europäischen Kommission – Exekutiv-Vizepräsidentin Roxana Mînzatu, Kommissarin Hadja Lahbib und Kommissarin Marta Kos – erinnerten uns dieses Jahr in einer gemeinsamen Erklärung daran, dass die Roma seit über sieben Jahrhunderten ein fester Bestandteil des europäischen Kulturgefüges sind. Dennoch sind sie weiterhin Diskriminierung und Ausgrenzung ausgesetzt, die im krassen Widerspruch zu den Grundwerten der Europäischen Union stehen.
Zwölf Millionen Stimmen werden noch immer nicht gehört
Die Roma sind die größte ethnische Minderheit in Europa. Ihre Bevölkerungszahl wird auf zehn bis zwölf Millionen geschätzt – rund sechs Millionen davon sind EU-Bürger. Doch ihr Alltag weicht oft weit von den Idealen der Union ab.
Obwohl die EU auf den Grundsätzen der Gleichheit und der Menschenrechte beruht, werden Roma-Gemeinschaften diese Rechte weiterhin verwehrt. Die Gründe dafür? Tief verwurzelte Vorurteile, systematische Ausgrenzung und der fehlende Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie sauberem Wasser und ausreichender Ernährung.
Die Ungleichheit zwischen den Roma und der EU-Bevölkerung ist eklatant – von Bildung über Beschäftigung und Wohnen bis hin zur Gesundheitsversorgung. Erschreckende 80 Prozent der Roma in der EU sind von Armut bedroht, verglichen mit nur 17 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Ein Plan, der auf ein Jahrzehnt angelegt ist – aber wird er funktionieren?
Um diese Ungleichheiten anzugehen, hat die Europäische Kommission im Jahr 2020 den Strategischen Rahmen 2030 für die Roma der EU ins Leben gerufen – einen Fahrplan mit klaren Zielen sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für die Kandidatenländer.
Zu den Prioritäten gehören die Verringerung der Armutslücke, die Verbesserung der Wohnbedingungen und die Bekämpfung der Bildungssegregation von Roma-Kindern. Obwohl die Strategie über die EU hinaus auch den Westbalkan und die Türkei umfasst, hängt ihr Erfolg von einem entscheidenden Faktor ab: dem Engagement der nationalen Regierungen.
Die Kommission hat die Länder aufgefordert, die Umsetzung ihrer nationalen Pläne zur Integration der Roma zu beschleunigen. Ohne echten politischen Willen, nachhaltige Finanzierung und konkrete Maßnahmen besteht die Gefahr, dass die Strategie ein gut gemeintes, aber letztlich wirkungsloses Dokument bleibt.
Bildung, Gesundheit, Beschäftigung – Die Realität des Lebens der Roma
Trotz aller Bemühungen und Unterstützung durch europäische Finanzierungsinstrumente – darunter der Europäische Sozialfonds Plus (ESF+), der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) – ist die Kluft zwischen den Roma-Gemeinschaften und dem Rest der Gesellschaft nach wie vor enorm.
Viele Roma-Kinder besuchen nach wie vor getrennte Schulen oder Klassen. Angemessener Wohnraum ist oft unerschwinglich. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist nach wie vor eingeschränkt, und die Kinder sind weiterhin vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen.
Die EU fordert weiterhin stärkere Maßnahmen – betont aber auch, dass die Roma im Mittelpunkt dieses Wandels stehen müssen. Ihre Repräsentation im politischen, gesellschaftlichen und öffentlichen Leben ist nach wie vor minimal. Doch niemand kann sich besser für die Roma einsetzen als die Roma selbst.
Erinnerung an vergessene Verbrechen, Wiederbelebung des kollektiven Gedächtnisses
Historische und pädagogische Initiativen sind ebenfalls wichtige Bestandteile der Bemühungen der Kommission. Über das Programm „Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“ (CERV) finanziert die EU Projekte, die der Opfer des Holocaust an den Roma gedenken, Antiziganismus bekämpfen und zivilgesellschaftliche Organisationen der Roma unterstützen.
Initiativen wie ROMACT , EQUIROM und RomaMemory zielen darauf ab, die Würde und Sichtbarkeit des Erbes und der Geschichte der Roma wiederherzustellen.
Jährliche Veranstaltungen wie die Roma-Woche im Europäischen Parlament – die dieses Jahr vom 7. bis 10. April zum achten Mal stattfindet – symbolisieren die Solidarität mit den Roma und unterstreichen zugleich die noch unvollendete Arbeit.
Ukraine, Balkan, Türkei – Roma jenseits der EU
Die Roma-Bevölkerung erstreckt sich weit über die Grenzen der EU hinaus. Rund vier Millionen Roma leben in EU-Beitrittskandidaten wie Serbien, Albanien, Nordmazedonien und der Türkei. Allein in der Ukraine leben nach Angaben der Weltunion der Roma und des Europarats schätzungsweise 400.000 Roma.
Diese Gemeinschaften sind von den Bemühungen der EU nicht ausgeschlossen. Das Projekt „Phase III der Roma-Integration“ unterstützt Regierungen dabei, ihre Strategien am EU-Modell auszurichten, um die Integration zu beschleunigen.
Doch Fortschritt erfordert mehr als nur finanzielle Mittel – er erfordert nachhaltigen politischen Willen und gesellschaftlichen Wandel. Die Bekämpfung des tief verwurzelten Antiziganismus erfordert Aufklärung, Mut und langfristiges Engagement.
Der 8. April erinnert an den ersten Welt-Roma-Kongress 1971, der den Grundstein für eine gemeinsame Roma-Identität legte, die auf einer gemeinsamen Sprache, Geschichte und Kultur beruht. Das Datum ist seitdem ein Symbol der Einheit und des Stolzes – aber auch eine Erinnerung daran, wie viel Arbeit noch vor uns liegt.
Mehr als 50 Jahre später warten die Roma immer noch auf echte Gleichberechtigung. Die Europäische Kommission unterschätzt die Herausforderung nicht – der Weg ist lang.
Aber jeder Schritt zählt. Jede Schule, die Roma-Kinder aufnimmt, jede Politik, die ihre Bedürfnisse berücksichtigt, jede soziale oder kulturelle Initiative – sie alle bringen uns einem Europa näher, in dem niemand zurückgelassen wird.
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