Ein Sieg für Frankreich im Kampf gegen schädliche Inhalte

Der Kampf gegen unrealistische und schädliche Schönheitsideale in den sozialen Medien hat gerade einen wichtigen Sieg errungen. Der Hashtag #SkinnyTok erfreut sich vor allem bei Teenagern zunehmender Beliebtheit und fördert ungesunde Diättrends und trägt zu psychischen Problemen bei.

Frankreich beschloss, nicht auf Brüssel zu warten. Stattdessen nahm es die Sache selbst in die Hand. Clara Chappaz, Frankreichs Digitalministerin, feierte TikToks Entscheidung als „kollektiven Sieg“ und betonte, wie wichtig es sei, junge Nutzer vor toxischen Inhalten zu schützen. Auf X (ehemals Twitter) veröffentlichte sie eine Erklärung, in der sie den Erfolg hervorhob.

TikTok agiert global – nicht nur in Frankreich

Bemerkenswert ist, dass das Verbot von #SkinnyTok nicht auf Frankreich beschränkt ist. Ein TikTok-Sprecher bestätigte, dass der Hashtag weltweit gesperrt wurde. Dies sei Teil einer umfassenderen Überprüfung der Inhaltsmoderation und der Sicherheitstools. Laut der Plattform wurde der Hashtag „mit ungesunden Inhalten zum Thema Gewichtsverlust in Verbindung gebracht“ und verstieß daher gegen die Community-Richtlinien.

Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, wie der Druck nationaler Regierungen – nicht nur der EU-Institutionen – zunehmend die globalen Entscheidungen zur Inhaltsmoderation auf großen Plattformen beeinflusst. In diesem Fall handelte Frankreich schneller und entschlossener als die Europäische Kommission.

Brüssel schaut nur zu

Obwohl die Europäische Kommission im Februar 2024 auf Grundlage des Digital Services Act (DSA) eine offizielle Untersuchung gegen TikTok eingeleitet hat – mit dem Schwerpunkt auf dem Schutz Minderjähriger – hat sie sich zum Fall #SkinnyTok nicht öffentlich geäußert.

Frankreich reagierte unterdessen rasch. Letzten Monat reiste Clara Chappaz persönlich zum europäischen Hauptsitz von TikTok in Dublin, um sich mit dem Trust-and-Safety-Team zu treffen. Begleitet wurde sie von führenden französischen Regulierungsbehörden, darunter Martin Ajdari (Chef der Medienaufsichtsbehörde Arcom ) und Marie-Laure Denis (Präsidentin der Datenschutzbehörde CNIL ).

Fehlt die Europäische Kommission am Tisch? Die einzige Stimme auf EU-Ebene im Raum war die französische Europaabgeordnete Stéphanie Yon-Courtin von der Gruppe Renew Europe .

Stellt Frankreich die Rolle Brüssels in Frage?

Die Abwesenheit der Kommission bei einem so wichtigen Treffen hat eine Debatte über die Wirksamkeit Brüssels als wichtigste Durchsetzungsinstanz der EU-Digitalvorschriften ausgelöst. Die Kommission erklärte zwar, sie stehe „in Kontakt“ mit den französischen Behörden, Kritiker argumentieren jedoch, ihre langsame Reaktion und mangelnde Sichtbarkeit könnten ihre Glaubwürdigkeit untergraben.

Diese Situation offenbart einen Wandel: Die Mitgliedstaaten warten nicht länger darauf, dass die EU handelt. Sie greifen mit direktem politischen Druck ein und zwingen Plattformen wie TikTok zu globalen Veränderungen.

Schneller als das Gesetz?

Die Entscheidung von TikTok steht im Einklang mit einem wachsenden Trend, Plattformen für die von ihnen gehosteten Inhalte zur Verantwortung zu ziehen. Der Anstoß kam jedoch nicht vom EU-Recht, sondern von der französischen Diplomatie und nationalen Regulierungen.

Dies wirft schwierige Fragen auf:

  • Können starke und schnelle nationale Maßnahmen mit dem Ziel der EU einer koordinierten und harmonisierten Durchsetzung koexistieren?
  • Handelt es sich hierbei um einen einmaligen Erfolg oder ist es der Beginn einer fragmentierten Regulierungslandschaft in ganz Europa?

Der Fall stellt einen Präzedenzfall dar. Er zeigt, dass nationale Regierungen unter bestimmten Umständen schneller einen echten globalen Wandel herbeiführen können als Mechanismen auf EU-Ebene.

Ist #SkinnyTok nur der Anfang?

Das Verbot von #SkinnyTok könnte nur der Anfang einer umfassenderen Säuberung toxischer Inhalte auf sozialen Plattformen sein. Für TikTok ist es eine Chance zu zeigen, dass es sich an reale Probleme anpassen und proaktiv auf die Erwartungen der Regulierungsbehörden reagieren kann.

Für Frankreich ist dies ein politischer Sieg – ein Signal, dass es dem Land mit dem Schutz der psychischen Gesundheit junger Nutzer ernst ist.

Für die Europäische Kommission ist dies ein Weckruf. In einer sich rasch entwickelnden digitalen Welt bedeutet die Rolle der Hüterin der Regeln auch, schnell und deutlich handeln zu können.

Eine größere Frage: Wer hat wirklich das Sagen?

TikTok hat #SkinnyTok zwar verboten, doch die größere Debatte ist noch lange nicht vorbei. Dieser Moment verdeutlicht eine zunehmende Machtverschiebung. Sitzt Brüssel bei der Regulierung von Big Tech noch immer am Steuer – oder übernehmen die nationalen Regierungen das Steuer?

Die Antwort wird die Zukunft der digitalen Rechte, der Plattformverantwortung und der Rolle der EU in einer fragmentierten digitalen Landschaft prägen.

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