Ein Streit um faire Sichtverhältnisse

Die Europäische Kommission hat am 13. November offiziell ein Verfahren gegen Google eingeleitet . Im Fokus steht die Art und Weise, wie Google Inhalte in seinen Suchergebnissen einordnet. Laut Kommission benachteiligt Google möglicherweise systematisch Nachrichtenwebseiten in den Suchergebnissen und verstößt damit unter Umständen gegen das EU- Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) . Dieses wegweisende EU-Gesetz verpflichtet große Online-Plattformen, Nachrichtenverlage und andere gewerbliche Nutzer transparent, fair und diskriminierungsfrei zu behandeln.

Niedrigere Platzierungen in den Suchergebnissen können die Sichtbarkeit und die Einnahmen europäischer Medienunternehmen erheblich beeinträchtigen. Beschwerden wurden vom deutschen Medienunternehmen ActMeraki sowie von mehreren europäischen Presseorganisationen eingereicht.

Die Untersuchung wird von Teresa Ribera, der Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission für einen sauberen, fairen und wettbewerbsfähigen Übergang, geleitet. Sie betonte die Bedeutung des Falls:

„Wir werden eine gründliche Untersuchung durchführen, um sicherzustellen, dass Verlage in einer ohnehin schon schwierigen Zeit für die Branche keine wichtigen Einnahmen verlieren, und wir werden überprüfen, ob Google das Gesetz über digitale Märkte einhält“, sagte Ribera.

Verleger schlagen Alarm

Mehrere wichtige europäische Medienverbände – darunter der Europäische Verlegerrat, die Europäische Zeitungsverlegervereinigung (ENPA), die Europäische Zeitschriftenvereinigung (EMMA) und News Media Europe (NME) – kritisieren Googles Vorgehen scharf. Sie argumentieren , dass Googles Praktiken „die wirtschaftliche Lebensfähigkeit europäischer Medien gefährden und deren Geschäftsmodelle sowie ihre Verhandlungsmacht gegenüber der Plattform untergraben“.

Google verteidigt sich seinerseits mit dem Hinweis auf die Bedeutung von Anti-Spam-Maßnahmen für die Aufrechterhaltung qualitativ hochwertiger Suchergebnisse. Das Unternehmen warnte, die Untersuchung „könnte die Suchqualität für Nutzer beeinträchtigen“.

Regulierung trifft auf Geopolitik

Die Untersuchung wird voraussichtlich bis zu einem Jahr dauern. Sollten sich die Verstöße bestätigen, kann die Kommission Geldbußen in Höhe von bis zu 10 % des weltweiten Jahresumsatzes von Alphabet verhängen oder sogar strukturelle Maßnahmen, wie den Verkauf von Unternehmensteilen, fordern. Zum Vergleich: Die EU hatte Google zuvor wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht mit einer Geldbuße von 2,95 Milliarden Euro belegt.

Europäische Regulierungsbehörden weisen darauf hin, dass plötzliche und undurchsichtige Änderungen der Plattformalgorithmen Geschäftsmodelle von Medien innerhalb weniger Wochen untergraben und die Macht über Informationsflüsse weiter zentralisieren können. Der Ausgang dieses Falls könnte einen wichtigen Präzedenzfall für die Durchsetzung des DMA gegenüber anderen „Gatekeeper“-Plattformen schaffen und möglicherweise zu weiteren Konfrontationen zwischen der EU und US-amerikanischen Technologiekonzernen führen.

In einer Zeit, in der der Zugang zu verlässlichen Informationen von entscheidender Bedeutung ist, signalisiert die Untersuchung, dass Europa bereit ist, seine Medienlandschaft zu verteidigen – und gegebenenfalls die Dominanz globaler Plattformen in Frage zu stellen.

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