Für diejenigen, die Sie vielleicht nur digital als „außergewöhnlich“ kennen: Wer ist Diana Reis jenseits Ihres Social-Media-Handles?
Ich bin jung und komme aus einem kleinen Dorf mit nur 200 Einwohnern. In meiner Kindheit sah ich daher selten Menschen wie mich, außer in Krankenhäusern oder Physiotherapiepraxen. Das brachte mich zum Nachdenken: Warum sind Menschen mit Behinderung nur an solchen Orten sichtbar? Da ich selbst eine Behinderung habe und oft die Einzige in meiner Umgebung bin, wollte ich dem genauer auf den Grund gehen. Zuerst recherchierte ich zu anderen gesellschaftlichen Themen wie Geschlechtergleichstellung und Feminismus, bevor ich mich mit dem Thema Behinderung auseinandersetzte. Mein erster Blog, der die Anfänge meiner Außenseiterrolle beleuchtete, war mein Weg, mich selbst und die Welt besser zu verstehen.
Was nährt Ihr Bedürfnis, als Verfechter der Rechte von Menschen mit Behinderungen die Welt um Sie herum zu verstehen?
Ich habe Zerebralparese, eine angeborene Erkrankung, die mir das Gefühl gibt, anders zu sein als andere. Ich hatte lange das Gefühl, nirgendwo dazuzugehören. Beispielsweise nutze ich Hilfsmittel wie einen Rollstuhl nicht regelmäßig, da ich erst nach einer Operation einen benutzt habe; aber selbst dann wurde ich oft weder als „behindert genug“ noch als „nicht behindert“ wahrgenommen. Körperlich bin ich anders, aber ich habe auch bemerkt, dass die Menschen mich anders behandeln, und ich wollte verstehen, warum. Das führte mich von persönlicher Reflexion zu der Erkenntnis, dass Behinderung und Ableismus strukturelle Probleme sind, die weit über meine eigene Erfahrung hinausgehen.
Ihr Aktivismus zielt darauf ab, eine neue Norm für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Wie könnte diese aussehen?
Das Bewusstsein für Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung wächst stetig, ähnlich wie sich der Feminismus im Laufe der Zeit verändert hat. Die Menschen sind heute offener für Neues, doch besteht weiterhin die Gefahr der Abschottung und der Isolation von der Gesellschaft. Behinderung war schon immer Teil des Lebens, dennoch hält die Gesellschaft diese Menschen in engen Räumen gefangen und lässt ihnen kaum Raum, dies zu hinterfragen. Manchmal akzeptieren und verinnerlichen Menschen mit Behinderung diese Sichtweise sogar selbst. Veränderung erfordert ein starkes und kontinuierliches politisches und gesellschaftliches Engagement. Viele Studierende verlassen beispielsweise die Universitäten, weil die Campusse nicht ausreichend barrierefrei sind. Dies lässt sich nicht schnell beheben, ist aber ein entscheidender Schritt für echte Inklusion.

